NS-Wirtschaft und Großraum – 8


 

Transatlantische Netzwerke, Vereine und Think Tanks

 
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Transatlantisch bedeutet ursprünglich jenseits des Atlantiks gelegen, oder überseeisch, seit etwa 1850 hat sich der Begriff im Sprachgebrauch auf die Beziehungen zwischen Europa und Nordamerika – speziell zu den USA – konkretisiert.

Die Amerikaner hatten verständlicherweise ein Interesse, das sich im Zuge der geopolitischen Blockbildung  und der Marshallplan-Hilfe, die transatlantischen Kommunikationsstrukturen ausweiteten und intensivierten. Es entstanden in den westdeutschen Großstädten eine Vielzahl von Amerika-Häusern, die der Bevölkerung eine Reihe von Bildungs- und Kulturangeboten machten. Organisationen wie z.B. die Ford-Stiftung, der American Field Service, Youth for Understanding, der Rotary-International- Club, das Fulbright-Programm und der American Council on Germany sorgten auf verschiedenen Ebenen für den Beginn einer transatlantischen Verständigung. Hinzu kamen eine Vielzahl von Austauschprogrammen, so das ein nennenswerter Anteil der deutschen Elite, die in der Bonner Republik aufwuchs, zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben in Amerika studiert, gearbeitet oder es besucht hatten. In den 1950ern gab es Kontakte zwischen dem „Bund Deutscher Industrie“ (BDI) und der „National Association of Manufactures“ (NAM), die dann mit der Fusion der 1950 gegründeten „German-American Trade Promotion Office“ und der drei Jahre älteren „German Chamber of Commerce“ zur Deutsch-Amerikanischen Handelskammer im Jahr 1959 ihren Kontakt intensivierten. Der Herausbildung von dementsprechenden Elitenetzwerken kam natürlich eine besondere Bedeutung zu.

Als Initiatoren der Bilderberg-Konferenz – dieser einmal im Jahr stattfindenden Treffen – gelten Paul Rijkens, der damalige Präsident des Konzerns Unilever, Prinz Bernhard von den Niederlanden und der Exil-Pole Joseph Hieronim Retinger (1888-1960), der als eine Art graue Eminenz im Nachkriegseuropa galt und ausgezeichnete Kontakte auf politischen und wirtschaftlichen Ebenen unterhielt.

Joseph Retinger traf nach dem Zweiten Weltkrieg in der USA mit Walter Bedell, dem damaligen Direktor der CIA zusammen. Dabei soll die Idee eines transatlantischen Elitezirkels erörtert worden sein. Der Spezialist für psychologische Kriegsführung, Charles D. Jackson, soll dann am Entstehungsprozess der transatlantischen Gruppe beteiligt gewesen sein. Jackson war auch Präsident des 1949 gegründeten „Committee for a Free Europe“, dem auch der spätere CIA-Direktor Allen W. Dulles angehörte.

Prinz Bernhard wurde dann erster Vorsitzender bei der namensgebenden Konferenz vom 29. – 31 Mai 1954 im Hotel „de Bilderberg“ in Oosterbeek bei Arnheim/Niederlande. Zu den Bilderberg-Konferenzen kommen mehr als einhundert der einflussreichsten Spitzenkräfte aus Europa, Kanada, USA und verschiedenen internationalen Organisationen zusammen. Dies sind Funktionsträger aus der Wirtschaft (zu Zweidrittel), aus der Politik und dem Adel, den Medien und der Wissenschaft. Ein oft als „Weltelite“ bezeichnete Interessenverbindung, die sich unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit trifft und deren verhandelten Ergebnisse nicht an die Öffentlichkeit dringen. 2009 sollen dies ca. 130 Personen gewesen sein, darunter die Spitzen der Chase Manhattan Bank, Morgan Stanley International, Goldman Sachs International, Lazard Frères & Co., der Deutschen Bank, der griechischen Nationalbank, der Banca d’Italia, der niederländischen ING-Gruppe, der französischen Société Générale, von Coca-Cola, Microsoft, Airbus, Royal Dutch Shell, BP, AkzoNobel, Siemens sowie Spitzenvertreter der NATO, der Welthandelsorganisation, des Welternährungsprogramms, der Weltbank, der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, diverse Abgeordnete, Minister und andere.

Die Bilderberger und der (Alb-)Traum von einer Weltregierung – 2010
Uni Münster
Bilderberg Meetings

„Hotel Bilderberg“, Bernt Engelmann, 1977
 
 
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Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Vereine, Organisationen und Think Tanks, die sich unter ähnlichen oder us-amerikanischen Interessenkonstellationen konstituiert haben. Ein paar der bekanntesten sind:

Über den 1952 gegründeten Verein Atlantik-Brücke e.V. wird eine intensive Kontaktpflege zwischen elitären deutschen und us-amerikanischen Interessengruppen gepflegt. An die 500 Personen aus Politik, Wirtschaft und Militär treffen sich bei Veranstaltungen zum Austausch von Informationen und Interessen. Bereits der Diplomat und Anwalt Allen Dulles, der das Außenhandelsgeschäft der Wallstreet betreute und später den US-Geheimdienst CIA leitete, hatte dafür plädiert, im Nachkriegseuropa gezielt die Eliten anzusprechen, um über diese die US-Interessen in Übersee durchzusetzen. Die Initiative des Verein Atlantik-Brücke wird ergänzt durch Think Tanks wie dem „Aspen Institut“ und weiteren Treffen, wie den Bilderberg-Konferenzen, deren Mitglieder sich mit der Atlantik-Brücke teilweise überschneiden. Die Atlantik-Brücke verleiht offiziell den Vernon Walters Award – gewidmet einem stellvertretenden CIA-Direktor und späteren Botschafter bei den Vereinten Nationen und US-Botschafter während der Wiedervereinigung in der BRD.

Vernon Walters (1917 – 2002) wurde 1948 Mitglied des persönlichen Stabes von Averell Harriman, der in Paris das Hauptquartier zur Durchführung des Marshallplans aufbaute. und soll in von den USA lancierten Staatstreichen im Iran (1954), in Brasilien (1964) und Chile (1973) involviert gewesen sein.

http://www.heise.de/tp/artikel/41/41551/1.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Atlantik-Br%C3%BCcke

Die Mont Pèlerin Society ist ein 1947 gegründeter neoliberaler Think Tank, dessen Mitglieder planwirtschaftliche und staatsinterventionistische Eingriffe ablehnen und die „freie Marktwirtschaft“ als oberstes Prinzip postulieren. Diese Gesellschaft steht im Zentrum eines weltweiten Netzwerkes einer Vielzahl von ideologisch ähnlich ausgerichteten Think Tanks.

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43910/1.html  („Elitenvernetzung wird als solche kaum beachtet“)

weiterführende Literatur: „Die offenen Feinde und ihre Gesellschaft : eine hegemonietheoretische Studie zur Mont Pèlerin Society“ / Bernhard Walpen; Hamburg : VSA-Verlag, 2004

Bohemian Grove ist ein Areal in Kalifornien, USA, wo sich seit 1878, einmal im Jahr bis zu 2000 männliche Mitglieder des „Bohemian Clubs“ treffen. Die Mitglieder dieses Clubs sind fast ausschließlich der us-amerikanischen Elite aus Politik, Wirtschaft und Medien zuzurechnen, die dort für einen Zeitraum für 14 Tage zusammenkommen – Veranstaltungen vielfältiger Art besuchen, eine „Auszeit“ nehmen und intensives Networking betreiben. Die Exklusivität des Clubs wird durch die Aufnahmeprozzedur, die nur auf Empfehlung mehrerer Mitglieder möglich ist – und eine hohe Aufnahmegebühr gewährleistet.

weiterführende Literatur: „The Bohemian Grove and other retreats: a study in ruling class cohesiveness“ / G. William Domhoff; New York: Harper & Row, 1975

Die Trilaterale Kommission wurde 1973 auf Initiative von David Rockefeller gegründet. Die Kommission ist eine Gesellschaft mit über 400 einflussreichen Mitgliedern aus den drei großen internationalen Wirtschaftsblöcken Europa, Nordamerika und Japan (- der sich 2000 zur „Pacific Asia group“ wandelte)

http://en.wikipedia.org/wiki/Trilateral_Commission

Die Group of Thirty wurde 1978 von Geoffrey Bell auf Initiative der Rockefeller-Stiftung gegründet.  Der erste Vorsitzende der Group of Thirty war Johan Witteveen, der ehemalige Präsident des Internationalen Währungsfonds. Die Mitglieder treffen sich zweimal jährlich in Washington, D.C. Die Mitglieder dieser Gruppe setzen sich überwiegend aus Vertretern von Großbanken und anderen Führungspersönlichkeiten aus dem Finanzsektor zusammen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Group_of_Thirty

Die Rockefeller-Stiftung ist eng mit dem privaten US-amerikanischen Elite-Think Tank „Council on Foreign Relations“ (CFR) verbunden. Die „war and peace-studies“ des CFR, bei denen die Grundlagen für die Organisation der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg erdacht wurden, und letztlich in Weltbank, Internationalen Währungsfonds, NATO und VN mündeten, wurden 1939 von der Rockefeller-Stiftung ins Leben gerufen und mit 350.000 US-Dollar finanziert.

http://www.uni-muenster.de/PeaCon/conspiracy/verschworenegesellschaft.htm

Vor 2000 sind diese Konferenzen und Elitezirkel in der Öffentlichkeit kaum bekannt gewesen, inzwischen bezeichnen viele Verschwörungstheoretiker diese als Erfüllungsgehilfen geheimer Weltpläne. Cliquenbildung, Interessengruppen der Wirtschaft und Politik sind an für sich etwas ganz Normales. Problematisch wird es, wenn sich ein Zuviel an wirtschaftlicher und politischer Macht in den Händen weniger Funktionsträger zusammenfindet und deren Entscheidungsprozesse und Handlungsgrundlagen gegenüber einer demokratischen Öffentlichkeit nicht transparent sind und nicht kommuniziert werden. Eine vernünftige Möglichkeit dieser Aufklärung nachzuhelfen, bieten die Sozialwissenschaften, wo sich neben den elitentheoretischen Ansätzen, das „Power Structure Research“ (PSR) zu einem Ansatz entwickelt hat, wie man den „Herrschaftsspuren der Mächtigen“ nachgehen kann. Im angelsächsischen Raum ist dieser Forschungszweig schon erheblich weiter entwickelter als in Deutschland. Der US-Soziologe Charles Wright Mills gilt neben Floyd Hunter, als einer der Hauptbegründer dieser Methode. Der bekannteste deutsche Wissenschaftler, der dem PSR nachgeht, ist Hans-Jürgen Krysmanski

http://www.uni-muenster.de/PeaCon/hw-online/
http://www.uni-muenster.de/PeaCon/global-texte/g-m/MS-Vortrag-02-3.htm

„Machteliten und Elitenzirkel. Eine soziologische Auseinandersetzung“, Marcus B. Klöckner; VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007

„Die amerikanische Elite: Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten“ / C. Wright Mills.; Hamburg: Holsten-Verlag, 1962 (Orginal: „The power elite“ (1956))

„Hirten & Wölfe. Wie Geld- und Machteliten sich die Welt aneignen oder: Einladung zum Power Structure Research“, Hans-Jürgen Krysmanski;  2. gründlich bearbeitete und stark erweiterte Ausgabe 2009
 
 

 
 

 

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