NS-Wirtschaft und Großraum – 5


 

Instrumente der Devisenwirtschaft und Kriegsplanung

 
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Die deutsche Wirtschaft hatte mit dem Problem der Devisenknappheit zu kämpfen und war seit den 1920ern hoch im Ausland verschuldet. Eine Möglichkeit der Devisenknappheit zu entgehen und den Export deutscher Waren zu befördern, wäre eine Abwertung der Reichsmark gewesen. Damit wären aber die Schuldenlasten und die damit verbundenen Zinszahlungen angestiegen. Stattdessen entschied sich die Regierung, die bereits 1931 unter Brüning eingeführte Devisenbewirtschaftung zu verstärken. Dies zeigte aber wegen der durch Weltwirtschaftskrise ausgelösten Fragmentierung der globalen Märkte nicht die gewünschte Wirkung, so dass die Handelsbilanz 1934 ein Defizit von 373 Mio. RM aufwies. Hijlmar Schacht entwickelte daraufhin den sogenannten „Neuen Plan“ mit dem die deutschen Außenwirtschaftsbeziehungen neu geregelt werden sollten. Dieser sah eine Verlagerung der Handelsschwerpunkte vor: weg von Westeuropa und den USA, hin zu Südosteuropa, Nordeuropa und Lateinamerika. Diese wurden dann oft über zweiseitige Handelsabkommen geregelt, die dadurch charakterisiert waren, dass die Devisenreserven Deutschlands so wenig wie möglich beansprucht wurden. Weitere Merkmale des Plans waren eine Importbeschränkung auf Rohstoffe für die Rüstungsindustrie und Lebensmittel, sowie eine Exportförderung, die durch eine Exportumlage der inländischen Industrie finanziert werden sollte. Bereits 1935 zeigte dieser Plan Wirkung: die Handelsbilanz drehte mit 111 Mio. RM ins Plus, was aber immer noch eine relativ schwache Exportentwicklung darstellte. Dies war neben der allgemeinen niedrigen industriellen Investitionsaktivität ein weiterer Indikator für die NS-Sonderkonjunktur des Wirtschaftsaufschwunges, die ausschließlich auf der Hochrüstung beruhte. Ab 1935 wurden dann die Wirtschaftsbilanzen des Deutschen Reiches nicht mehr öffentlich gemacht.

Deutschlands Außenhandel wurde im Zeichen dieser Devisenzwangsbewirtschaftung auf das Clearing von Im- und Exporten auf zweiseitigen Konten bei der „Deutschen Verrechnungskasse“ (DVK) umgestellt, einer Tochtergesellschaft der Reichsbank. Bilaterale Handelsverträge waren ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik vor Kriegsbeginn und entwickelten sich dann mittels politischen Druck, bzw. Zwang der Besatzungsbehörden, zu einem Instrument der Kriegsfinanzierung. Diese setzte dann, entgegen der ökonomischen Vernunft auf einen Mechanismus der bewussten Verschuldung Deutschlands. Denn die Exporteure erhielten ihre Leistungen de facto aus dem Besatzungskostenetat ausgezahlt, wohingegen der Ausgleich der bei der DVK gebuchten Schuldsalden auf die Nachkriegszeit verschoben wurde. Die Höhe der deutschen Clearingverschuldung bei Kriegsende sollen zwischen ca.30 – 42 Milliarden Reichsmark gelegen haben. Etwa 75% dieser erzwungenen Kredite stammten aus den besetzten Gebieten, 22% von verbündeten Staaten, der Rest aus neutralen Staaten wie der Schweiz. In den hoch industrialisierten Besatzungsgebieten Frankreichs und der Beneluxländer hatte dieses Clearingsystem oft einen produktiven Charakter, wie auch die Ideologie und Praxis der deutschen Großraumwirtschaft teilweise an Entwicklungstendenzen aus der Weimarer Republik anknüpfen konnte. In den von den Nationalsozialisten als wirtschaftliche Ergänzungsräume definierten Staaten Ost- und Südosteuropas entwickelten sich die Clearingverträge, wie die gesamte Besatzungspolitik, hingegen wirtschaftlich destruktiv.
 
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In den Jahren 1933 und 1934 wurden – ausgehend von der Initiative Hijlmar Schachts – von der Reichsbank zwei Tarnfirmen gegründet; die „Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH“ (Mefo) und die „Handelsgesellschaft für Industrieerzeugnisse“ (Hafi). Unternehmen, deren Rüstungsaufträge nicht aus dem Staatshaushalt oder durch öffentliche Anleihen finanziert wurden, konnten auf die Mefo-Wechsel ziehen, die durch die Hafi garantiert wurden, und sie über die Geschäftsbanken bei der Reichsbank einlösen. So wurde der Charakter und das Ausmaß dieser kurzfristigen staatlichen Kreditgelder verschleiert und der tatsächliche Umfang der Rüstungsausgaben blieb lange Zeit der Öffentlichkeit verborgen. Die Mefo wurde mit einem Grundkapital von einer Million Reichsmark gegründet, welches die Konzerne von Siemens, Gutehoffnungshütte, Krupp und Rheinmetall stellten. Wirtschaftlich gesehen waren diese Mefo-Wechsel nichts anderes als ein Kredit der Kriegsindustrie an das Reich. So konnte Deutschland die Aufrüstung finanzieren ohne in harter Währung zu zahlen oder Bankkredite aufnehmen zu müssen – also ohne Inanspruchnahme des internationalen Kapitalmarktes.

Diese Handelswechsel mussten im Reichshaushalt und im Reichsschuldbuch nicht ausgewiesen werden und waren mit einem Jahreszins von 4 % ausgestattet. Insgesamt wurden von 1934 bis 1938 Wechsel in Höhe von zwölf Mrd. Reichsmark ausgegeben. Diese finanzierten ca. 45 % der bis dahin aufgelaufenen Rüstungsausgaben. Von diesen zwölf Milliarden RM wurden acht Milliarden, aufgrund der möglichen Zinsgewinne, vom Markt aufgenommen. 90 % dieser Mefo-Wechsel befanden sich im Besitz der Geschäftsbanken und wurden nicht bei der Reichsbank eingelöst. 1938 wurden die Mefo-Wechsel durch Reichs-Schatzanweisungen ersetzt und 1939 wurde die Reichsbank Adolf Hitler unterstellt. In der Zeit 1938/ 39 explodierte die Ausgabe dieser kurzfristigen Schatzanweisungen in einer Höhe von 4,2 Milliarden RM. Dies dürfte der Grund für Schachts geäußerten Kritik an den geänderten Paradigmen der Rüstungs- und Finanzpolitik gewesen sein. Er wurde danach, 1939 aus dem Amt des Reichsbankpräsidenten entlassen. Auf Hitlers Wunsch blieb er Reichsminister ohne Geschäftsbereich, bis er 1943 auch aus diesem Amt entlassen wurde
 
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Neben diesen Finanzierungsmaßnahmen schufen die Nationalsozialisten eine neue Behörde, die weite Bereich der Wirtschaft nach den Notwendigkeiten der Hochrüstung auszurichten begann. Sie stand dabei nicht selten in Konkurrenz zu anderen Behörden und Wirtschaftsgruppen. Ausgelöst durch eine Rohstoffverknappung beim Import 1935, die dazu führte das die deutschen Munitionsbetriebe ein Jahr später nur noch mit 70 % ihrer Kapazität arbeiten konnten, wurde umgehend der „Rohstoff- und Devisenstab“ beim Reichswirtschaftsministerium eingerichtet. Dieser wurde 1936 unter der Leitung von Göring zur Vierjahresplans-Organisation weiterentwickelt. Diese neue Behörde regelte dann die deutsche Wirtschaft umfassend. In der ersten Phase der Vierjahrespläne, vor allem in den ersten 2 Jahren, erfolgte eine Planung und Lenkung in den Bereichen industrielle Rohstoffe, Landwirtschaft und Rüstung. Die Lohn- und Preispolitik der Innenhandels- und Arbeitsmärkte, sowie die Investitionstätigkeit wurden dirigistisch reguliert. Danach konzentrierte man sich überwiegend auf die kriegswichtigen Industriezweige. In der Phase bis Frühjahr 1942 wurde dann eine zunehmende Verzahnung der Vierjahresplanung mit den Konzerninteressen des IG Farbenkonzerns erkennbar.

Ein weiterer Faktor zur effizienteren Durchstrukturierung der Kriegswirtschaft entstand mit der „Organisation Todt“, nachdem 1940 Fritz Todt zum Reichsminister für Bewaffnung und Organisation ernannt worden war. Über Haupt- und Sonderausschüsse, die die Produktion von Rüstungsgütern überwachen sollten, erfolgte eine Kompetenzverschiebung von der Wehrmacht zu den involvierten Privatunternehmern. Diese konnten ihr spezielles technisches und betriebswirtschaftliches Wissen einbringen und übernahmen zunehmend Organisationsaufgaben, was zu einer deutlichen Produktionssteigerung führte. Nachdem Fritz Todt im Februar 1942 tödlich verunglückte, übernahm Albert Speer dessen Nachfolge.

„Bereits im März 1942 entstand im Rüstungsministerium eine „Zentrale Planung“ unter Leitung von Speer. Die Neuorganisation erfolgte unter zwei Gesichtspunkten. Unter der Leitung von Wirtschaftsvertretern stehende Ausschüsse koordinierten die Produktion bestimmter Rüstungsgüter (z.B. Panzer). Quasi um diese herum wurden ebenfalls von Wirtschaftsvertretern geleitete Ringe gebildet, die die Produktion bestimmter Warengattungen (z.B. Zahnräder) organisierten. Durch diese Zusammenschlüsse von Betrieben mit gleicher Fertigung sollten die Beziehungen zwischen Zuliefererindustrie und Endfertigung effizienter gestaltet werden. Die Unternehmen verwalteten sich dabei in gewisser Weise selbst, da sie für den technisch-wirtschaftlichen Produktionsablauf (Rohstoffkontingentierung, Auftragslenkung verantwortlich waren. Die Regierung setzte zudem steuerliche Anreize, Subventionen und Gewinnverträge zur Lenkung der Rüstung ein. Insbesondere sollten Rationalisierungen und der Übergang zur Massenproduktion gefördert werden.“  
 


LITERATUUR EN VERWIJZINGEN
 
Christoph Buchheim: Das NS-Regime und die Überwindung der Weltwirtschaftskrise in Deutschland – 2008 (PDF)
Hans-Ulrich Thamer: Wirtschaft und Gesellschaft unterm Hakenkreuz – 2005
Wikipedia – Wirtschaft im Nationalsozialismus
Lemo – NS-Regime, Industrie und Wirtschaft
 
George Seldes; “Facts and Fascism”,  In Fact, Inc., New York, 1943

 
 

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