De macht van het ressentiment

Wolkenkratzer in der City of London




In een licht bewerkte vorm volgt nu (het begin van) de dankrede die Joseph Vogl uitsprak bij de ontvangst van de Günter-Anders-Preises für kritisches Denken vorige maand in de Staatsbibliothek Berlin. De slotregels wil ik u alvast niet onthouden:

Im Ressentiment wird die Ohnmacht gegenüber den Verhältnissen mit plebiszitärer Ermächtigung, mit der Stärkung von Subjektgefühlen und den Gratifikationen eines feindseligen Kollektivs kompensiert. Die Bereicherungspolitik hatte das Amalgam der Vorkriegszeit produziert: Nationalismus, Rechtsfeindschaft, Desinformation, die Zerschlagung internationaler Verträge und Organisationen. Und es scheint, als hätte die Dezivilisierung längst angefangen, bevor der Krieg begann.

 

Die Macht des Ressentiments

WIE DIE FINANZINDUSTRIE DEN AUTORITÄREN LIBERALISMUS STÄRKT

Joseph Vogl

 
Wenn wir über die Verknüpfung von „Kapitalismus und Ressentiment“ sprechen – also über das, was Günther Anders „Affektmodellierung“ nennt – , dann ist zunächst daran zu erinnern, dass der Begriff des Kapitalismus, wie er sich seit Ende des 19. Jahrhunderts formiert, nicht einfach auf ein Wirtschaftssystem bezogen wurde. Er umfasst bei Max Weber oder Werner Sombart vielmehr ein Konglomerat aus heterogenen Bestandteilen, zu denen neben Produktionsweisen, Eigentumsverhältnissen, Geschäftspraktiken, Rechtssystemen und politischen Institutionen eben auch gewisse Mentalitäten gehören. Von der Wirtschaftsgeschichte bis hin zur Kritischen Theorie wurde die irrationale Rationalität kapitalistischer Gesellschaften in den Blick gerückt. Und vor diesem Hintergrund erscheint es bemerkenswert, wie bereits in der frühen Neuzeit ein Resonanzraum beschrieben wurde, in dem Marktprozesse und unternehmerische Betriebsamkeit mit der Formierung neuer Affektökonomien verknüpft waren.

So wurde die Gestalt eines ökonomischen Menschen nicht nur als kleine Insel der Rationalität vorgestellt, von der aus man – wie einst Robinson Crusoe – eine unübersichtliche Welt nach den Kriterien von Nutzen und Nachteil zu ordnen vermag. Vielmehr hat sich ein anthropologischer Umbruch vollzogen, mit der sich das gesellige Tier, das alte zoon politikon, zu einem wenig verträglichen Wesen wandelte. Eine umfangreiche Literatur über Konzepte wie „Selbstliebe“ oder „Selbsterhaltung“ belegt, dass man am Beispiel neuer Sozialtypen allenfalls von einer „ungeselligen Geselligkeit“ oder von einem „Volk von Teufeln“ sprechen kann, wie Immanuel Kant dies getan hat.

Und mehr noch: Christliche Hauptlaster wie Geiz oder Neid werden nun positiv gewendet und von der Feststellung begleitet, dass nicht die maßvollen Neigungen, sondern nur die maßlosen wirklich erfinderisch sind. Auf dem Marktplatz, so heißt es, treiben sie sich wechselseitig an, sie balancieren sich und tragen, geführt von einer „unsichtbaren Hand“, zum Wohlstand aller bei. „Private vices / public benefits“, private Laster / öffentliche Vorteile – dieses Motto von Bernard Mandeville prägt nun das Selbstgefühl des neuen Marktsubjekts. Der ökonomische Menschenschlag ist also nicht bloß mit geschäftlichen Talenten, sondern als überaus passioniertes Wesen auf die Welt gekommen, und es verwundert nicht, dass es sich im 19. Jahrhundert, im Zeichen eines expandierenden Industrie- und Finanzkapitalismus, noch einmal reformierte. So hat eine Reihe unterschiedlicher Autoren, die von Tocqueville und Kierkegaard über Nietzsche und Dostojewski bis zu Max Scheler reicht, an der Verfertigung eines Begriffs gearbeitet, der ökonomische Praktiken, Sozialformen und die Dynamik von Gründerzeiten mit dem Format eines modernen Wirtschaftsmenschen kombiniert. Der „Giftdunst unbefriedigter Wünsche“, den Dostojewski auf das Zeitalter der Kristallpaläste bezog und als Symptom seiner Gesellschaft verstand, hat schließlich bei Nietzsche einen begrifflichen Rahmen und den Titel „Ressentiment“ erhalten – herkommend vom französischen „se ressentir de qc.“: die Nachwirkungen oder Folgen einer Sache verspüren.
 
Verder lezen…


Uitgelichte foto: IMAGO/Cavan Images

Geef een reactie

Deze site gebruikt Akismet om spam te verminderen. Bekijk hoe je reactie-gegevens worden verwerkt.