Jodenhaat

Emil Flohri: “Stop Your Cruel Oppression of the Jews” (1904)




Weet u nog, het beest was verslagen en nu mochten we “onze joodjes” gaan koesteren en even later in blinde liefde zelfs hun land gaan aanprijzen als zijnde het enige beschaafde land midden in een vijandige, barbaarse Arabische wereld. En of dat land democratisch was…

 
Het antisemitisme, het alledaagse, ging uit pure stompzinnige gewoonte verder: “Heb je ooit een arme jood gezien?”.
 
Hiernaast een kiekje van een emigrant naar Canada, die een gastvrij onderkomen kreeg bij een arts. Achterop staat een alleszeggende tekst:
17 juli 1960 – De jongste spruit van de familie Adler, 7 maanden oud en een typisch joodje.
 
De vrouw in kwestie gaf jarenlang (christelijk) godsdienstonderwijs. Diep geschokt was ze toen vele jaren later haar dochter lesbienne bleek te zijn. Hiermee kwamen weer een aantal zaken samen eigen aan onze o zo hoog geprezen beschaving en cultuur vol liefde.
 
 
Nog geen halve eeuw later betrad in de polderdelta een politicus het toneel die het volk deed geloven dat de Islam gelijk staat aan fascisme. Daarmee nam hij een grote last van de goedgelovige gemeente. Niet zij met hun eeuwenoude vast verankerde antisemitische cultuur waren de bron van het kwaad, maar zij die hadden plaats moeten maken voor, zoals zij het nu meende stellig te weten, het superieure joodse ras.
 
Zij, die wars zijn van nationalisme, waaronder het merendeel van de joden, heten nu jodenhaters of zelfhaters te zijn.
 
Over de Shoah is nauwelijks leergeld betaald en Auschwitz is verkommerd tot een toeristische attractie om het griezelen te leren. Vele Israëlische kinderen leren daar zelfs de nazi’s te bewonderen vanwege hun mooie uniformen. Polen, die worden door hen zelfs als de grote smeerlappen gezien. Zo verkeert de geschiedenis niet slechts in haar tegendeel, maar wordt tot vrijbrief tot nieuwe misdaden.
 
De slachtoffers worden wederom geslachtofferd, wederom voor perfide doeleinden misbruikt. Zij kunnen zich niet meer verweren. Ook in de Oekraïne niet.
 

The Distribution of Jews in Central Europe, 1881.


 

RESSENTIMENTS BIS ZUR RASEREI

Götz Aly schreibt über die Infamie des Judenhasses in Europa von 1880-1945.
 

Arno Widmann

 
Wenn Sie keine Zeit fürs Lesen haben, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie. Denn selbst wenn Sie sie hätten, sie könnten am Tag nicht mehr als ein, zwei Stunden mit seiner Lektüre verbringen. Sechzig Seiten also höchstens am Tag. Ich habe nicht einmal die 23 Seiten über die Folge russischer Pogrome zwischen 1882 und 1905 in einem Rutsch lesen können. Zu schrecklich.

Wieder einmal habe ich begreifen müssen: Die Wirklichkeit ist ein Splattermovie. Dabei erspart Götz Aly den Lesern die verstörendsten Schilderungen. Das Bild, das er zeigt, ist dennoch übermächtig. Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen von antisemitischer, mörderischer Raserei. Die ist freilich kein überraschendes Unwetter, sondern stets gut vorbereitet, gut munitioniert und staatlich sanktioniert.

Das Pogrom von Kischinew, heute die Hauptstadt Moldawiens, im Jahre 1903 zum Beispiel, ist gut dokumentiert. Die Stadt – 120 000 Einwohner – hatte sich an früheren Pogromen nicht beteiligt. Am Ostersonntag aber, dem Tag des Herrn, begannen einige Jugendliche damit, Juden zu überfallen. Die Polizei intervenierte, nahm die Angreifer aber nicht fest, sondern verscheuchte sie nur. Das ermutigte mehr als 300 mit Steinen bewaffnete Männer, die sich in kleine Gruppen organisiert auf die Stadt verteilten, jüdische Häuser und Geschäfte zu plündern und zu zerstören.

Niemand schritt dagegen ein. Christliche Nachbarn gedachten des Auferstandenen, in dem sie den Pogromtschiki zeigten, wo Juden lebten, wo sie ihre Vorräte aufbewahrten. Der Polizeichef wurde von den Plünderern gefragt „Darf man die Juden erschlagen?“ Er gab keine Antwort und damit dem Mob freie Bahn. Am nächsten Tag waren die jüdischen Häuser mit weißer Kreide markiert. Nun wussten auch die aus den nahegelegenen Dörfern herbei geeilten Bauern, wo es etwas zu holen gab.

Götz Alys Buch lebt von der Schilderung dieser Details. Sie erst machen die Infamie deutlich, mit der die Judenverfolgung funktioniert. Juden wird verboten, von den Städten aufs Land zu ziehen. Aus den Dörfern werden sie in die Städte vertrieben. Ergebnis: 94 Prozent der russischen Juden lebten in Städten, aber nur 7,4 Prozent der Christen. Die Städte aber galten als Verderber von Mütterchen Russland. Das Landleben war gottesfürchtig, die Stadt aber war Sodom. Es ist Land für Land immer das gleiche Schema.

Alles beginnt mit ein paar wirren Agitatoren, die sich hintergangen, ausgetrickst fühlen von den schlauen Juden, die immer schon dort sind, wo sie hinwollen. Ehrliche, brave, treue Russen, Deutsche, Rumänen, Christenmenschen usw., die nicht gewohnt sind, ihr Mäntelchen nach dem Wind zu hängen, wurden bereits überholt von Juden, die noch vor einer Generation gesellschaftlich tief unter ihnen standen. Die antisemitische Literatur nennt den Juden einen Untermenschen, gleichzeitig aber betont sie seine Anpassungsfähigkeit, seinen enormen Bildungseifer, seine Mobilität.

Dem werden überall Riegel vorgeschoben. Wo Juden überhaupt studieren dürfen, wird das kontingentiert. Auch für weiterführende Schulen wird immer wieder eine Begrenzung der jüdischen Schüler eingeführt. „Europa gegen die Juden“ heißt das Buch. Die Vernichtung der europäischen Juden war ein deutscher Plan. Er wurde von Deutschen organisiert. Aber ohne die passive Unterstützung, ohne auch, schreibt Götz Aly, „die vielen arbeitsteilig helfenden Verwaltungsbeamten, Polizisten, Politiker und tausende einheimische Mordgesellen in manchen Staaten hätte sich das monströse Projekt nicht mit der atemberaubenden Geschwindigkeit verwirklichen lassen. Der Holocaust kann weder in seinen schnellen noch in seinen stockenden Abläufen begriffen werden, wenn man nur die deutschen Kommandozentralen im Blick hat.“

Gleich zu Beginn des Buches beschreibt Götz Aly eine Situation, die schlaglichtartig erhellt, worum es geht. Es ist der Sommer 1938. Die polnische Regierung hat alles vorbereitet, um im Ausland lebenden polnischen Juden die polnische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Im Oktober verhaftete daraufhin die deutsche Regierung auf einen Schlag 17 000 polnische Juden und schiebt sie über die Grenze nach Polen. „Polnische und deutsche Grenzwachen trieben die Abgeschobenen tagelang zwischen den Linien hin und her. Schließlich wurden sie auf polnischer Seite in hastig errichtete, streng bewachte Lager gesperrt.“ Der polnische Botschafter in London erklärte, die Internierten besäßen zwar polnische Pässe, „aber keine weiteren Bindungen an Polen.“

Das ist spätestens die Stelle, an der der Leser es mit der Angst zu tun bekommt. Es ist noch nicht der Holocaust. Aber es ist verdammt nahe dran. Verdammt nahe dran sind aber auch wir, wenn wir zwischen Deutschen und Passbürgern unterscheiden. Die Hetzreden sind da. Wieder das ekelerregende Gemisch aus völkischem Ressentiment und Unterlegenheitsgefühl.

Die Aggression, die aus der Schwäche kommt. Diese geduckte Gemeinheit, die, während sie zündelt und zuschlägt, behauptet, sie sei das Opfer, der Getretene aber der Täter. Wir sind in Europa wieder dabei, um uns zu schlagen. Auf die anderen, auf die Schwächeren. Von denen wir behaupten, sie nähmen uns etwas weg.

Wir blättern noch einmal zurück auf die erste Seite von „Europa gegen die Juden“. Da steht, was wir beinahe überlesen hätten. Womöglich weil es uns zu nahe ging. Wir wollten doch ein Buch lesen über den Holocaust, über Verbrechen, die unsere Groß- und Urgroßeltern begingen, nicht eines, an dem wir uns heute – und sei es nur durch Stillschweigen – beteiligen. Aly schreibt: „Polen, Italiener, Chinesen oder Deutsche schickten ihre jungen Männer voraus, damit sie die Lage erkunden und gegebenenfalls zurückkehren konnten. Juden aber machten sich mit Kind und Kegel auf den Weg ins Ungewisse, aus Nimmerwiedersehen. Denn sie wichen kollektiver Verfolgung“.

Genau damit haben wir es heute an Europas Grenzen zu tun. Es geht nicht mehr allein um Menschen auf der Suche nach Arbeit, nach einem besseren Leben. Es geht ganz wesentlich um Menschen, die fliehen müssen, um leben zu können.

Wir haben keinen Holocaust. Aber auch der Holocaust war nicht immer einer. Lesen Sie in Alys letztem Kapitel „Das Gute begünstigte das Böse“: „Mit Recht wird darauf verwiesen, dass das Zusammenwirken der als kausal gedeuteten Faktoren einmalig war. Erst deren situatives Ineinandergreifen und die Möglichkeit Hitlerdeutschlands, sie in einer selbst herbeigeführten extremen Kriegssituation zu bündeln, ließen das beispiellose Verbrechen Realität werden.

Beurteilt man dagegen die einzelnen Faktoren für sich, ist kein einziger einmalig. Jeder fügt sich in das Kontinuum der jüngeren deutschen und europäischen Geschichte.“ Und ganz am Ende die bitterste Einsicht, die Aly nicht behaupten, aber doch zur Diskussion stellen möchte: „Das allgemeine, für den Einzelnen stets mit Stress, Ängsten, Unsicherheit und möglicher Enttäuschung verbundene soziale Aufwärtsstreben befeuerte den Antisemitismus. So betrachtet steht das größte Verbrechen des 20. Jahrhunderts, der Holocaust, im Zusammenhang mit der größten Leistung derselben europäischen Epoche, dem massenhaften sozialen Aufstieg. Unter dem extremen Druck des von Deutschland begonnenen und geführten Krieges begünstigte der zivilisatorische Fortschritt den Zivilisationsbruch.“

 


BRON
Frankfurter Rundschau20 februari 2017 – update 1 februari 2019


 

 


LITERATUUR
Léon Poliakov – GESCHICHTE DES ANTISEMITISMUS – Band I-VIII – Jüdischer athenäum Verlag (1988)

Uitgelichte afbeelding: © imago – Ingevoegde kaart: bron

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